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Wissenschaftliches Arbeiten und die Rolle von Fragen

Ein Plädoyer für aktive Auseinandersetzung mit Prüfungen

Studierende fragen Dozierende häufig, wie sie wissenschaftliche Arbeiten wie Thesenpapiere, Referate, Hausarbeiten oder Exzerpte erarbeiten und gestalten sollen. Mit dieser Frage setzen sie die Lehrenden in eine Position, in der sie Antworten geben müssen – und in der Regel geben sie diese auch. Einige solcher Antworten von mir finden Sie auf den Seiten meiner Schreibwerkstatt. Doch diese Antworten sollten nicht als universal, autoritativ und alternativlos verstanden werden.

Die Tatsache, dass die Antworten einer Dozentin so ausfallen und die eines anderen Dozenten möglicherweise ganz anders, zeigt nicht einfach nur, dass es viele Antworten gibt. Natürlich existiert eine Vielzahl von Perspektiven und Herangehensweisen, aber diese Vielfalt ist weniger ein Zeichen von Beliebigkeit als vielmehr eine Sammlung von Empfehlungen. Gefragt zu werden, führt zwangsläufig zu einer Antwort. Doch die Verbindlichkeit solcher Empfehlungen ist differenziert zu betrachten: Niemand wird bei einer Dozentin durchfallen, nur weil er oder sie sich an die Empfehlungen eines anderen Dozenten gehalten hat – zumindest nicht, solange die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens gewahrt bleiben.

Diese Vielfalt sollte nicht verwirren, sondern motivieren. Sie bietet eine Chance, sich selbstständig in die vielschichtigen und komplexen Strukturen wissenschaftlichen Arbeitens einzuarbeiten. Es geht darum, diese als Spielfeld eigener Reflexion und Auseinandersetzung zu begreifen – als Raum, der nicht durch absolute Regeln, sondern durch kontextabhängige und reflektierte Entscheidungen geprägt ist.

Ein zentraler Appell ist: Fragen Sie weniger, agieren Sie mehr. Fragen zu stellen, ist zwar ein legitimer und notwendiger Teil des Lernens, doch es birgt die Gefahr, passiv zu bleiben und sich einer vermeintlichen Autorität auszuliefern, die vielleicht gar keine alternativlose ist. Wer ausschließlich fragt, verlässt sich auf fremde Antworten, statt selbst zu gestalten.

Die Empfehlung lautet daher: Machen Sie gut recherchierte und präzise vorbereitete Vorschläge. Stellen Sie Überlegungen an, wie eine Aufgabe sinnvoll gelöst werden könnte, und bringen Sie diese Überlegungen mit Selbstbewusstsein ein. Dies verändert die Dynamik: Sie erscheinen souverän, und die Dozierenden sind es, die in die Rolle der Reagierenden gedrängt werden. So entsteht ein Gespräch auf Augenhöhe, das nicht nur produktiver, sondern auch bereichernder für beide Seiten ist.

Kurz gesagt: Die Vielfalt der Antworten ist eine Einladung, Eigeninitiative zu zeigen. Wer aktiv vorschlägt und gestaltet, anstatt nur zu fragen, lernt nicht nur mehr, sondern positioniert sich auch als eigenständige, reflektierte Persönlichkeit im wissenschaftlichen Diskurs.